Das kennt wohl leider fast jeder Autofahrer aus eigener Erfahrung: Nur einen Augenblick lang nicht aufmerksam gewesen oder einige Sekunden lang am Steuer geträumt – und dann hat es auch schon gekracht. Jeden Tag kommt es auf deutschen Straßen so zu unzähligen Verkehrsunfällen.

In den meisten Fällen bleibt es zum Glück nur bei Blechschäden. Aber ein Verkehrsunfall kann leider auch noch ein sehr unangenehmes juristisches Nachspiel haben. Denn auch wenn man nicht selbst der Unfallverursacher ist, ist es nicht immer leicht, die eigene Unschuld und die Schuld des Unfallgegners zu beweisen. Gibt es keine Zeugen, die den Verkehrsunfall beobachtet haben und mit ihrer Aussage zur eindeutigen Klärung der Schuldfrage beitragen können, kann das zu einem echten Problem werden.

Aber Autofahrer können beruhigt sein. Denn heutzutage können Sie von den vielen Vorteilen profitieren, die moderne Technik zu bieten hat. Eine effektive und gleichzeitig kostengünstige Lösung für die Dokumentation von Verkehrsunfällen sind Dashcams. Die kleinen Videorekorder haben sich in den letzten Jahren als zuverlässige Helfer in kritischen Situationen im Straßenverkehr bewährt. Sie finden eine immer größere Verbreitung und Beliebtheit. Aber Dashcams sind in Deutschland juristisches Neuland mit vielen offenen rechtlichen Fragen, gesetzlichen Fallstricken und Grauzonen.

Ist der Einsatz von Dashcams im deutschen Straßenverkehr erlaubt? Und werden Aufnahmen von Autokameras vor deutschen Gerichten generell als Beweismittel zugelassen? Gibt es datenschutzrechtliche Einwände gegen die Verwendung von Dashcams auf deutschen Straßen? Das sind nur die häufigsten Fragen, mit denen sich Kfz-Halter in Deutschland auseinandersetzen müssen, wenn sie eine Dashcam nutzen möchten. Die Liste ist lang und lässt sich noch beliebig fortführen.

Es ist also höchste Zeit, etwas Licht in den undurchdringlichen Paragrafendschungel zu bringen. Im Folgenden finden Sie einen kurzen Faktencheck zur aktuellen Rechtslage rund um das Thema Dashcams in Deutschland.

BGH Urteil: Videos von Dashcams als Beweismittel zulässig vor Gericht

Zuerst die gute Nachricht: Die Frage, ob Videos aus Autokameras vor deutschen Gerichten als Beweismittel generell zulässig sind, kann ganz klar mit „Ja“ beantwortet werden.

Der Bundesgerichtshof fällte am 15. Mai 2018 ein wegweisendes Urteil (Az. VI ZR 233/17) zu diesem Thema. In diesem Grundsatzurteil bestätigte der BGH die Zulässigkeit von Aufnahmen aus Dashcams als Beweismittel in Zivilverfahren Aber das Urteil des BGH ist noch lange kein Freibrief für das unkontrollierte Filmen auf deutschen Straßen.

Der Bundesgerichtshof begründete sein Urteil damit, dass Autokameras ohnehin nur das aufzeichnen, was jedermann selbst im öffentlichen Straßenverkehr sehen kann. Außerdem würden Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müssen. Deshalb verletzen diese Aufnahmen nicht das Datenschutzrecht. Zusätzlich dazu würden die Aufzeichnungen Unfallgutachtern eine wertvolle Hilfestellung bei der Aufklärung von Verkehrsunfällen geben. Allerdings machte der BGH die juristische Verwertbarkeit von Dashcam-Videos als Beweismittel davon abhängig, dass eine Autokamera nur anlassbezogen, also zum Beispiel bei einem Unfall, filmen und langfristig speichern darf.

Der Bundesgerichtshof argumentierte, dass eine Dashcam im Normalfall nicht permanent aufzeichnen darf und dass die Aufnahmen im Normalfall in kurzen zeitlichen Abständen immer wieder überschrieben werden müssen. Das Dauerfilmen und die dauerhafte Speicherung der Aufzeichnungen verstoßen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht anderer Verkehrsteilnehmer.

Laut Bundesdatenschutzgesetz handelt es sich bei anlasslosem, permanentem Filmen und bei der dauerhaften Speicherung der Aufnahmen um eine unzulässige Videoüberwachung. Diese stellt strafrechtlich eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit bis zu 1000 Euro Bußgeld geahndet.

Autokameras und Autocams in Deutschland – erlaubt oder verboten?

Der BGH hat in seinem Urteil festgestellt, was konkret beim Einsatz von Autokameras im deutschen Straßenverkehr unzulässig ist. Offengelassen hat dieser aber, was genau bei der Verwendung von Dashcams auf deutschen Straßen zulässig ist. Bei dieser Frage verwies der BGH auf das Datenschutzrecht. Über welche technischen Merkmale muss eine Dashcam also verfügen, um die hohen Anforderungen des deutschen Datenschutzrechts zu erfüllen?

Beim Einsatz von Autokameras in Deutschland gilt der juristische Grundsatz: Immer nur anlassbezogen filmen und die Speicherung von Daten auf ein Minimum reduzieren. Eine Dashcam sollte also entweder eine Notfall-Aufnahme-Funktion besitzen oder muss Aufzeichnungen in kurzen Abständen immer wieder überschreiben. Nur im Notfall, beispielsweise bei einer Vollbremsung oder einem Verkehrsunfall, dürften Aufnahmen also dauerhaft gespeichert werden. Die erwähnte Notfall-Aufnahme-Funktion aktiviert das (anlassbezogene) Filmen automatisch, sobald es zu einem Notfall kommt.

Auch die Hersteller von Dashcams haben durch die uneinheitliche Rechtsprechung Probleme mit der technischen Nachrüstung ihrer Produkte. Sie haben mittlerweile zwar auf das Urteil des Bundesgerichtshofs reagiert, können die technische Ausstattung ihrer Produkte aber nur langsam anpassen. Dashcams bleiben in Deutschland also auch weiterhin ein juristisch schwieriges Terrain.

Weiterführende Links:
Dashcams vor Gericht | Finanztip
Dashcams: Rechtslage in Deutschland | AXA
Geeignet Dashcams für legalen Gebrauch | WELT
Sind Dashcams jetzt eigentlich erlaubt? | Focus
Dashcams: Was ist erlaubt, was nicht? | AUTO BILD
Dashcams in Deutschland | CHIP
Dashcam: Erlaubt oder verboten? | Bußgeldkatalog.org
Dashcams: Was du beachten solltest | DIE RECHTSCHÜTZER
Dashcams: Was erlaubt ist und was nicht | ADAC
Die besten Dashcams | CHIP
Die besten Dashcams | AUTO BILD
Dashcams und Recht | Heise.de

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